
Lass dir Zeit mit dem Veröffentlichen!
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich gerate manchmal ganz schön unter Druck.
Weil ich immernoch kein Buch veröffentlich habe. Weil ich doch schon so lange schreibe und es immernoch kein fertiges Produkt von mir zu kaufen gibt. Weil ich doch schon 32 bin – und da wird es doch langsam mal Zeit.
Zumindest suggerieren mir das die Literaturwettbewerbe, die ihre Altersgrenze bei 35 Jahren setzen – danach gilt man in vielen Fällen als nicht mehr förderungswürdig. Und wenn ich dann Romandebüts von Autorinnen und Autoren in Händen halte, die deutlich jünger sind als ich, werde ich fast ein wenig neidisch.
Weil die so cool schreiben können. Weil die schneller sind als ich. Weil die vermutlich auch viel ehrgeiziger, disziplinierter und überhaupt einfach „richtige Autoren“ sind – ganz anders als ich.
Wenn ich mich in diesen Gedanken quäle, drücke ich gerne die Pause-Taste. Und nehme mir Zeit, mal kurz in Frage zu stellen, was ich denn da so denke.
Brauche ich eine Buchveröffentlichung, um Autorin zu sein?
Zunächst mal lautet die ganz schlichte Antwort: Nein. Es gibt keine gerichtliche Instanz, die entscheidet, wer Autor oder Autorin ist – und wer nicht. Es gibt überhaupt niemand, der mir verbieten könnte, mich Autorin zu nennen, weil der Begriff nicht geschützt ist (Gott sei Dank!).
Auch ganz ohne Buchveröffentlichung darf ich mich Autorin nennen – wenn ich will.
Wenn ich mein Herz frage, dann ist die Antwort ein stilles und klares: Ja. Ja, ich bin eine Autorin, denn das ist die Art, wie ich die Welt sehe, das ist die Art, wie ich bin. Und es kommt viel weniger darauf an, ob andere das sehen können – solange ich es sehen kann.
Muss ich mich beeilen mit der Buchveröffentlichung?
Auch hier lautet die Antwort: Nein. Ich darf so lange brauchen, wie ich will. Ich habe noch mein ganzes Leben Zeit, meine Themen zu verdichten, meine Texte zu schleifen, besser zu werden, Neues zu lernen, mich an verschiedenen Genres zu probieren. Ich könnte mein erstes Buch noch mit 70 veröffentlichen – und es wäre in Ordnung.
Wenn ich die Zukunft spüre, wenn ich mir erlaube zu fühlen, wie unendlich viel Zeit ich habe, dann hüpft mein Herz freudig auf und ab. Ja, schreiben! Mehr schreiben! Mehr erleben, mehr Überraschungen auf dem Papier erleben – denn wer weiß schon, was die Zukunft noch alles bringt?
In diesem Sinne möchte ich euch zurufen: Macht euch keine Gedanken darum, ob ihr schon veröffentlicht habt oder nicht. Ob ihr „richtige“ Autoren seid oder nicht. Es ist egal – solange ihr tut, was ihr liebt.
Lasst euch Zeit mit dem Veröffentlichen – denn ihr habt alle Zeit der Welt.
Foto: cc flickr.com (Taki Steve)
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