künstlerherz

Mein Künstlerherz braucht das aber

Machmal komme ich mir ja schon furchtbar nerdig vor. Zum Beispiel wenn draußen schönster Sonnenschein ist und ich lieber drinnen am Schreibtisch sitze und an einem Gedicht feile, anstatt baden zu gehen. Wenn ich keine Lust habe, Leute zu trefffen, und stattdessen lieber alleine vor mich hintüddel.

Dann höre ich die Stimme meiner Mutter im Ohr: „Kind, sitz doch nicht immer nur drinnen rum, geh mal raus“. Dann habe ich die Simmen meiner Freunde im Ohr: „Nie kommst du mit, wenn mal was los ist.“ Und dann komme ich mir komisch vor und bin versucht, diesen Stimmen Glauben zu schenken.

Doch manchmal, wenn ich genau genug lausche, kann ich hören, dass es eine Stimme in mir gibt, die viel lauter ist. Viel wichtiger. Diese Stimme kommt direkt aus meinem Künstlerherz und sagt: „Ich brauche das aber.“ Und wenn ich in Kontakt mit dieser Stimme bin, dann gibt es auch nichts besseres als das: Mich in meine Kreativität hineinfallen zu lassen. Keinen sozialen Verpflichtungen nachzukommen, alle Drähte zur Außenwelt zu kappen.

Denn mein Künstlerherz lacht, wenn es einfach in aller Stille vor sich hinarbeiten darf, kritzeln, malen, schreiben. Mein Künstlerherz atmet auf, wenn es Ideen hin- und herschieben darf, immer neue Einfälle hat, etwas entwirft, Visionen spinnt. Mein Künstlerherz braucht das.

Und mit brauchen meine ich: Dringend notwendig brauchen. Wie Luft zum Atmen. Wie Liebe und Verbindung. Wie etwas zu Essen. Es ist ein Bedürfnis, das ich notfalls auch mal hinten an stellen kann. Aber dann kommt es mit aller Wucht zurück. Ich muss mich dann verkrümeln, aus dem Verkehr ziehen, den Rückzug antreten.

Wenn es dir auch so geht, dann ist dein Herz vermutlich auch kein gewöhnliches Herz. Vermutlich hast du eines dieser Künstlerherzen – und die atmen Farben, fühlen Klänge und pochen im Takt eines Gedichtes. Und solche Künstlerherzen legen wenig Wert auf den Austausch von Belanglosigkieten, auf den neuesten Promi-Klatsch, auf den Wetterbericht. Diese Herzen interessieren sich für ganz andere Dinge – für gute Ideen, für Annährungen an Wahrheiten, für Rhythmus, für Sprachwitz, für den Versuch, etwas zum Ausdruck zu bringen.

Wenn dich also jemand mit hochgezogenen Augenbrauen anzieht, schließ einfach die Tür hinter dir und häng ein Schildchen auf: „Mein Künstlerherz braucht das aber.“

Foto: Gedöns (mal wieder) von liebeslakritze (CC BY-SA 2.0)

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