Über Mut

Es passiert immer mal wieder, dass jemand zu sagt: „Wow, mutig!“ Oder: „Du bist ein mutiger Mensch!“

Und meistens denke ich mir dann: „Oh Mann, wenn du nur wüsstest!“

Denn ja, ich habe in meinem Leben schon so manches ausprobiert. Und ja, vielleicht sieht es von außen irgendwie besonders aus. Aber tatsächlich fühle ich mich oft alles andere als mutig. Gerade, wenn ich neue Ideen habe, wenn ich etwas versuche, was ich noch nie zuvor gemacht habe, dann ist die Angst eigentlich immer mit dabei.

Manchmal frage ich mich, was das überhaupt sein soll, ein mutiger Mensch. Ob wir da nicht als Gesellschaft manchmal eine komische Auffassung von „mutigen Menschen“ haben. So als wäre Mut ein besonderer Charakterzug, den man entweder hat oder nicht. Als wäre Mut etwas, was nur Heldinnen und Helden haben. Diejenigen, die eben besonders sind. Unerschrockener als andere.

Ich glaube, dass es anders ist.

Ich denke, dass ich nicht unbedingt mutiger bin als andere – aber vielleicht etwas besser über meine Ängste Bescheid weiß als andere. Ich kenne meine Ängste. Mal flüstern sie mir ins Ohr, mal zwicken sie in meinem Bauch, mal kreisen sie in meinem Kopf. Es sind ganz normale Ängste, wie sie die meisten Menschen kennen. Angst vor Ablehnung, Angst vor Kritik, Angst vor dem Nicht-Dazugehören.

Ich habe mir angewohnt, diese ganz normale Durchschnittsängste zu haben und DENNOCH die Dinge zu tun, die ich tun will. Ich glaube, das ist der springende Punkt. Bei Mut geht es nicht darum, keine Angst zu haben. Sondern Angst zu haben – und mitsamt der Angst zu handeln. Weil ich überzeugt von etwas bin. Weil ich etwas wirklich will.

Im Improtheater sprechen wir davon, dass es einen „Mutmuskel“ gibt, den man trainieren kann. Wenn man also immer wieder etwas wagt, ein klein wenig aus seiner Komfortzone herauskommt – dann wächst dieser Muskel. Das bedeutet nicht, dass man seine Ängste gänzlich verliert. Sondern es bedeutet, dass man es sich zur Gewohnheit macht, DENNOCH etwas zu tun.

Mut ist also alles andere als eine Charaktereigenschaft. Mut ist eine Gewohnheit.

Drei Dinge braucht es in meinen Augen, wenn du deinen Mutmuskel trainieren willst:

1. Kenne deine Ängste

Beschäftige dich mit deinen Ängsten, befrage sie, höre ihnen zu. Und finde heraus, welche dieser Ängste sinnvoll sind, weil sie dich vor realistischen Gefahren bewahren – und welche dieser Ängste nur auf deiner Phantasie beruhen. Die Angst „Ui, jetzt bin ich aber ganz schön weit rausgeschwommen, ich kehre lieber um“ ist vielleicht eine recht sinnvolle Angst, wenn dir dein Leben lieb ist. Die Angst „Oh Gott, wenn ich jetzt auf die Bühne gehe, dann lachen mich alle aus“ gehört eher zu den Ängsten, die alleine in deinem Kopf existieren.

2. Kenne deine Vision

Es ist anstrengend, sich mit seinen Ängsten zu beschäftigen. Ich weiß! Aber es lohnt sich, wenn du weißt, was dir wichtig ist. Wofür du deinen Mutmuskel trainieren willst. Wenn du ein Buch schreiben, einen Halbmarathon laufen, einen Youtubechannel eröffnen, einen Tanz choegraphieren willst… egal, was es ist. Wenn du ein WOFÜR hast, dann wird es leicht sein. Dann wirst du dich immer wieder aus der Komfortzone hinauswagen. Einfach, weil du es willst.

3. Umgebe dich mit ermutigenden Menschen

Ich habe festgestellt, dass Menschen mit meinen Unsicherheiten unterschiedlich umgehen. Es gibt Menschen, die meine Ängste befeuern. Die meine eh schon vorhandenen Zweifel noch größer machen. Und es gibt Menschen, die sagen: Ja, mach das, das klingt toll! Letztere Sorte Menschen brauchst du unbedingt, wenn du deinen Mutmuskel trainieren willst. Du brauchst ein Kraftfeld, das dich inspiriert. Menschen, die dich anfeuern. Menschen, die deine Ängste nicht beiseite wischen, sondern sagen: „Du bekommst das dennoch hin. Probier’s aus! Go for it!“

Ich glaube, auf diese Weise ist Mut nicht etwas, was uns zufällt. Sondern etwas, für das wir uns wieder und wieder entscheiden können.

Mutige Menschen sind dann nichts besonderes mehr. Sondern Menschen mit ganz normalen Alltagsängsten wie du und ich sie kennen, die sich entscheiden, etwas zu tun, was ihnen wichtig ist.

Nicht mehr – aber auch nicht weniger!

 

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